Doing Fan Culture. Zu Machtverhältnissen in Fangemeinschaften
Die meisten Menschen sind heute Fan von etwas (Gray et al. 2007). Entsprechend bezieht sich Fansein auf verschiedenste Gegenstände oder Akteur:innen und kommt in unterschiedlichsten Praktiken zum Ausdruck. Nicht zuletzt ist Fansein auch durch die soziale Differenzkategorien bestimmt. Unter Fans von populärkulturellen Produkten, vor allem TV-Serien, gibt es eine Kategorie von Fans, die sich durch eine eigensinnige Deutung und eine kreative Umarbeitung der rezipierten Inhalte auszeichnen. Als bekannteste Praktik dieser transformativen Medienfans gilt das Verfassen von Fan Fiction, also fiktionalen Texten, in denen überwiegend Frauen und queere Menschen die Erzählung aus „ihrer“ Serie um- oder neugestalten und sie nach ihrer Vorstellung umschreiben. Qualitativ wie quantitativ bedeutenden Anteil haben dabei fiktionale romantische und sexuelle Beziehungen, die auch in sexuell expliziten und pornografischen Fanarbeiten imaginiert werden. Die von den Cultural Studies geprägten Media Fan Studies deuten diese Fanarbeiten überwiegend als subversive Praktiken, Fangemeinschaften als marginalisierte, queer-feministische Imaginationsräume. Es ist Verdienst der rassismuskritischen Fanforschung, diese Deutung auch in ihrer identitätspolitischen Konsequenz zu hinterfragen (bspw. Warner 2017, Pande 2018).
Das vorliegende Dissertationsprojekt fragt vor diesem Hintergrund, wie Machtverhältnisse in transformativen Medienfantum aus verschiedenen Positionen heraus (re)produziert werden. Als theoretische Grundlage dient dabei eine von Pierre Bourdieus sozialen Feldern inspirierte intersektionale Analyse, die die kulturellen Praktiken im Alltagshandeln der Fans und ihre diskursiv vermittelten Identitätskonstruktionen im Zusammenhang mit sozialen Makrostrukturen betrachtet. Dieser Fokus ist Ergebnis einer von der Grounded Theory angeleiteten ethnografischen Feldforschung in einer internationalen und digitalen Medienfangemeinschaft.